On-Premise-IT im Sog einer agilen Cloud

Im Austausch mit führenden Software-Anbietern für den deutschen Mittelstand höre ich in den letzten Wochen stets dieselbe Klage: Obwohl alle ihre Firmenkunden inzwischen nach Cloud-Lösungen fragen und die „IT aus der Steckdose“ scheinbar Teil jeder Unternehmensstrategie ist, tun sich die Firmen beim Umstieg in die Cloud immer noch sehr schwer. Waren noch vor wenigen Jahren die Cloud-Skeptiker aus Gründen von Datensicherheit und Abhängigkeits-Ängsten in der Mehrheit, haben sich in den Köpfen die Vorteile von Software as a Service, Infrastructure as a Service und Platform as a Service mittlerweile durchgesetzt. Es sind nicht nur Kostenvorteile, sondern vor allem die schnellere Umsetzung neuer Geschäftsprozesse, ihre einfachere Anpassbarkeit und eine geradezu explodierende Vielseitigkeit, die Cloud-gestützte Prozesse für die Wertschöpfung so attraktiv machen.

Damit bahnt sich ein grundlegender Wandel an, der in der Mittelstands-IT neben großen Veränderungen deutliche Gewinner und Verlierer erzeugen wird. Anbieter und Nutzer sind gleichermaßen betroffen, gefangen im Sog eines langen Trends. Klar verlieren wird, wer bei der IT im Vergleich mit Wettbewerbern an Konkurrenzfähigkeit einbüßt, also bei Kosten, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Schnelligkeit nicht mehr den Erwartungen von Kunden entspricht. Gewinner werden diejenigen sein, die das besser können: Weil sie ihre IT und die Support-Organisation konsequent für agiles Umsetzen von Geschäftsanforderungen ihrer Kunden aufstellen.

Austauschbare Lösungen in der Cloud…

Lange Zeit war das Motto in der Unternehmens-IT „Never touch a running system“ – ein deutlicher Hinweis auf die schlechte Wartbarkeit eines Flickenteppichs lokaler Insel-Lösungen. Cloud-Lösungen dagegen sind erheblich leichter zu warten, teilweise bereits jetzt mit einem einzelnen Klick bei Vertragsabschluss. Dieser Trend wird sich fortsetzen, zumal die Konkurrenz der Cloud-Anbieter für günstige Preise bei immer leistungsfähigeren Lösungen sorgt. Damit wächst der Druck auf die Unternehmens-IT, ständig günstigere und bessere Lösungen herbeizuschaffen. Der Wechsel von einer Lösung zu einer anderen – für On-Premise-IT ein Albtraum – muss dann ein alltäglicher, gut beherrschter Vorgang sein.

… ändern die Spielregeln im Wettbewerb

Agile Vorgehensweisen in der Cloud machen genau das möglich. Vormals große, komplexe Änderungspakete lassen sich in der Cloud in viele kleine, einzeln testbare und schnell einzeln umsetzbare Änderungen zerlegen. IT-Anwender können deshalb frühzeitig, sehr leicht und gestuft in Test und Deployment einbezogen werden, wodurch teure Fehlentwicklungen vermieden. Anwenderschulungen in geänderten Vorgehensweisen können begleitend entwickelt werden – modular, zielgerichtet, sowie insgesamt kostengünstiger und wirksamer als früher. Die Zeiten, wo jede Änderung an der IT teuer war, langsam in der Umsetzung, und riesige Reibungen im Unternehmen verursachte; diese Zeiten sind mit agiler IT in der Cloud vorbei.

Wenn mit Hilfe passgenauer IT-Lösungen Geschäftsfelder schneller erschlossen, wechselnde Kundenbedürfnisse schneller abgedeckt und obendrein Kosten dauerhaft gesenkt werden, dann hat die Unternehmens-IT einen guten Job gemacht. Agile IT in der Cloud ermöglicht das schneller und einfacher als On-Premise-Lösungen. Die Karten im Wettbewerb werden jetzt neu gemischt.

IT kann alleine nicht punkten

Spätestens dann, wenn Wettbewerber nicht nur kostengünstiger, sondern auch noch schneller, flexibler und näher an den Kundenbedürfnissen operieren, wird der volle Nutzen von Cloud-Lösungen für das Geschäft offensichtlich werden. Technisch ist der Weg dahin leichter als viele denken. Die bestehende IT-Organisation und andere Fachbereiche auf diesem Weg mitzunehmen, erfordert jedoch erheblich mehr Vorbereitung, Kompetenzaufbau oder sogar schrittweise Neuordnung von geschäftlichen Zuständigkeiten. IT alleine kann das nicht. Es geht nur über eine strategisch geführte Neupositionierung der IT mit anderen Fachbereichen. Das ganze Unternehmen wird die Steuerung von Abläufen überdenken, verschlanken und beschleunigen müssen.

Wie laut tickt die Uhr?

Es ist schwer zu sagen, wieviel Zeit einzelnen Unternehmen für die Neuaufstellung noch bleibt. Jede Branche tickt anders. Sicher ist: Diese Entwicklung macht vor keiner Branche halt. Vielfach bleibt nur noch wenig Zeit zur Anpassung. Wenn führende IT-Anbieter für ihre On-Premise-Lösungen nur noch bis zum Jahr 2025 Wartungsgarantien abgeben, dann tickt die Uhr bereits sehr laut.

 

 


Jörg Schreiner ist Mitgründer der strategischen Innovationsberatung co-shift GmbH in Stuttgart, die Unternehmen und Führungskräfte auf hochvernetzte, dynamische Märkte vorbereitet. Er ist Experte und Coach für IT-gestützte Agilität auf strategischer und operativer Ebene. Sein Buch “FUTURE LEGENDS – Business in Hyper-Dynamic Markets“ wird von einflußreichen CEOs empfohlen.

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